Adventlauf 2015 - der große Tag

13:53 Anne 0 Comments


Endlich war der Tag, auf den ich mich vier Wochen lang vorbereitet habe, gekommen. Das Training war vorbei und es war Zeit die Beine in die Hand zu nehmen und Gas zu geben.


Aber bevor es richtig losgehen konnte, musste ich mich erst einmal lethargisch auf dem Sofa zu einer Kugel zusammenrollen und ins Nichts starren. Das klingt jetzt vielleicht bedenklich, ist es aber nicht, wenn man weiß, dass ich mich immer so verhalte, wenn ich nervös, oder generell von einer Situation gestresst bin. Eine Freundin hat mich einmal sehr passend als „psychologisches Opossum“ beschrieben: wenn es mir zu viel wird, lasse ich mich fallen und stelle mich tot. Und wie auch bei einem echten Opossum hilft diese Taktik nur manchmal.

Für meinen ersten offiziellen Lauf hat es gereicht. Ich habe mich dann noch mit einem momentan total angesagten Frühstück gestärkt: Porridge. Schön wärmend mit Zimt und stärkend mit Nüssen und Chia-Samen. Noch einen gesunden Apfel dazu und schon ist man für den Tag gewappnet.
Nachdem ich noch eine Weile ins Nichts gestarrt habe, konnte ich mich endlich dazu überwinden meinen Pyjama gegen die Sportsachen einzutauschen. Nochmal kurz mit dem Hund raus um festzustellen, dass es zwar ganz schön windig, dafür aber nicht so kalt wie sonst ist, und dann waren wir auch schon auf dem Weg nach Grafenegg.

In Grafenegg selbst war extrem viel los. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, sind uns schon die ersten Läufer entgegengekommen. Manche waren mit normalen Sportsachen bekleidet, andere sahen wie echte Marathon-Läufer aus. Da hat es um die 10°C und die hatten teilweise kurze Hosen und ärmellose Shirts an! „Ein lustiges Völkchen sind die schon!“, habe ich mir gedacht und mich gleichzeitig gefragt, ob ich da einmal dazugehören würde. Dass ich mir diese Frage wenig später mit einem klaren NEIN beantworten würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.



Meine Cousine war auch mit von der Partie und nachdem wir stolz unsere Startnummern montiert hatten, nahmen wir mit den anderen Läufern unsere Position im Startbereich ein. Am Anfang waren wir mitten im Getümmel, haben uns dann aber schnell entschieden von weiter hinten wegzulaufen, wo weniger los war. Wir haben uns also ganz ans Ende der Läufer gestellt. Hinter uns war dann nur noch eine etwas eigentümliche Versammlung von Leuten, die mit Stirnbändern und an den Handgelenken befestigten Stöcken, bewaffnet waren.











Und dann war es soweit. Der Start! Die Aufregung war groß und vom Applaus der Zuschauer angetrieben legte ich einen wahren Kavaliersstart hin, der mir kurz darauf zum Verhängnis wurde. Ich bretterte mit einem Tempo los, das meine Fähigkeiten weit überschritt und sobald die letzten Zuschauer außer Sichtweite waren, bremste ich rapide ab. Jeder Atemzug fühlte sich wie tausend Nadelstiche an und meine Beine wollten spontan die Kündigung einreichen. Und gerade als ich dachte: „Warum?! Was hab’ ich mir da angetan?“, hörte ich ein unaufhörliches nervöses Klackern hinter mir. Klick, klack, klick, klack... Es waren die Nordic-Walker! Und sie kamen näher! Die Kraft in meinen Beinen und die Luft in meiner Lunge wichen mit jedem Schritt, aber die nahende Bedrohung gab mir Kraft durchzuhalten.


Langsam aber sicher holten sie mich dann doch ein. Das Ganze war aber gar nicht so schlimm, denn der Unterhaltungswert den mir diese verbissenen Walker boten, machte die Schmach erträglich. Selten habe ich etwas Lustigeres gesehen, als diese Nordic-Walker. Voller Innbrunst schwangen sie ihre Stöckchen und mähten dabei alles und jeden nieder, der ihnen in den Weg kam. Zu ihrem Unglück leider auch meinen Freund, der das Ganze nicht so lustig fand und mit fein gewählter Hafenarbeiter-Sprache antwortete.

Sehr langsam schafften wir die ersten Etappen und ungefähr ab der Hälfte begonnen uns die ersten Läufer zu überrunden, die größere Strecken liefen und deshalb mehr als nur eine Runde drehten. Manche werden jetzt vielleicht denken, dass einen das doch endgültig demotivieren muss, aber nicht mich! Ab dem Zeitpunkt, an dem die anderen Läufer wieder um uns herumwuselten, war ich bereit ohne mit der Wimper zu zucken zu behaupten, dass wir uns auch schon in der zweiten Runde befänden, hätte jemand gefragt. Hat aber keiner und ich war einfach nur froh, dass wir diese verrückten Walker los waren.


Und dann war endlich das Ziel in Sichtweite. Und ich habe versucht noch einmal all meine nicht mehr vorhandenen Kräfte zu mobilisieren und – lasst es mich großzügig formulieren – habe noch einmal Gas gegeben. Ins Ziel einzulaufen war wirklich das beste Gefühl der Welt. Die Menge hat gejubelt (ja, ich weiß, dass die für alle jubeln) und über die Lautsprecher erklangen unsere Namen. Dankenswerter Weise ohne die Zeit zu nennen. Meine Cousine und ich freuten uns wie die Schneekönige und mein Freund war unendlich stolz auf mich. Und ich war auch stolz auf mich.


Meine Cousine war so begeistert von der Erfahrung, dass sie sich noch am selben Abend für den Silvesterlauf in Krems angemeldet hat. Nachdem ich sie davon überzeugt habe, beim Adventlauf mitzumachen findet sie es nur fair, wenn sie mich jetzt zum Silvesterlauf überredet. Da der aber doppelt so lang ist, wie der Adventlauf, muss ich mir das noch sehr gründlich überlegen!

Abschließend kann ich sagen, dass ich nicht bereue mitgemacht zu haben. Es war sicherlich gut, dass ich ein paar Wochen lang ein bisschen zusätzliche Bewegung gemacht habe und mich einer Herausforderung gestellt habe. Auch wenn ich nicht die Schnellste war, und mir ein Sauerstoffzelt im Zielbereich sehr entgegengekommen wäre, hat es Spaß gemacht.

Ich möchte mich außerdem bei meiner Cousine bedanken, dass sie mitgemacht hat und so nett war, in meinem Schneckentempo zu laufen um mich notfalls antreiben zu können.
Und natürlich möchte ich mich bei meinen Freund bedanken, der in den letzten Wochen der wohl geduldigste Personaltrainer der Welt war und mir immer zeigt, wie stolz er auf mich ist. Danke!

Und zu den Nordic-Walkern: ich weiß, dass das theoretisch auch ein Sport ist, den man ernst nehmen kann, aber eben nicht muss. Solange ihr auch mal nett auf die Seite geht, glaub ich daran, dass eine friedliche Koexistenz von Läufern und Walkern möglich ist!

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